Mülheim: Im Bauwagen an der Ruhr

Unsere kleine Terrasse zur Ruhr

Unsere kleine Terrasse zur Ruhr

Ich liebe das Ruhrgebiet. Die Menschen. Die Landschaft, in der ich aufgewachsen bin. Eine Region, die kämpft – um einen gelungenen Strukturwandel, um Integration, um Arbeitsplätze und um neue Perspektiven. Menschen, die geradeheraus sind. Mit offenem Herzen. Echt und schnörkellos. Und die Ruhr, die durch ihr grünes Flussbett plätschert. Stetig. Ehrlich. Und ein wenig verträumt.

 

Erfüllen mit ihren Bauwagen Auszeitträume: Claudia und Thomas Hagemann

Erfüllen mit ihren Bauwagen Auszeitträume: Claudia und Thomas Hagemann

Auf genau diese Mischung treffen wir als wir durch Essen-Kettwig in Richtung Mülheim-Saarn fahren. Ein kleiner Obststand mit Erdbeeren und Kirschen, dahinter ein Feld mit Blumen zum Selberpflücken. Etwas versteckt auf der rechten Seite ein schweres Tor. Dahinter ein Platz für Dauercamper – und mit vier Bauwagen. Wir stehen noch oben auf dem kleinen Deich, schauen hinunter zum Fluss. Ab und an paddelt da jemand mit einem Kanu vorbei. Oder die Schiffe der „Weißen Flotte“ ziehen vorüber. Mit Passagieren, die freundlich winken und sich gegenseitig auf das kleine Paradies aufmerksam machen, auf die knallroten Bauwagen mit weißen Fenstern dort am Ufer, mit ihren niedlichen Terrassen, dicken Blumenpötten und sogar einer mit Salatköpfen und kleinen Tomaten bepflanzten Wanne davor.

Sogar eine Wanne mit Gemüse gibt es. Ernten ist ausdrücklich erlaubt

Sogar eine Wanne mit Gemüse gibt es. Ernten ist ausdrücklich erlaubt

 

Claudia und Thomas Hagemann sitzen vor einem der Bauwagen auf einer Bank und winken. Von der Straße aus hatten wir die zwischen 8 und 14 Quadratmeter großen Wagen gar nicht gesehen. Umgekehrt hört man auch nichts von der Straße. Nur ab und an ein Krächzen von Enten oder Gänsen, die mit ihren Jungen übers Wasser ziehen. „Das hier ist ein Geheimtipp – und soll es auch bleiben“, sagt Thomas Hagemann.

Das Bauwagenhotel betreiben die beiden nebenberuflich. Ein Hobby voller Leidenschaft. Die Wagen bekam Hagemann, Tischler und Sozialarbeiter, über Beziehungen, durch Mundpropaganda oder aus Konkursmassen – „wenn ich sie abholte, waren sie komplett kaputt und mussten neu aufgebaut werden.“ Alle vier Wagen haben Ruhrblick, sind entweder mit Stromanschluss ausgestattet oder über eine Solaranlage autark. Duschen und Toiletten sind auf dem Campingplatz, hell und sauber.

Eine kleine Bank am Fluss. Für das kühle Bier am Abend

Eine kleine Bank am Fluss. Für das kühle Bier am Abend

Hinter jedem Bauwagen liegt ein knallrotes Kanu, das zusätzlich gebucht werden kann. Im Innern sehen die Wagen aus wie maritime Ferienhäuschen. Alles Holz, kleine weiße Möbel, praktische Hochbetten oder Sofas, die man rasch zu Betten umwandeln kann. Viel Stauraum, liebevolle Details wie Spiegel, Kuscheldecken oder Vasen mit Blumen darin. „Das macht sie“, sagt Thomas und zeigt auf Claudia, seine Frau. Auch die hat tagsüber einen Fulltimejob und sieht die Arbeit an den Bauwagen als Entspannung. „Die Leute kommen aus der ganzen Welt, manchmal aber auch nur aus dem Nachbarort. Alle wollen mal richtig ausspannen – und das kann man hier wirklich gut.“ Thomas nickt und ergänzt: „Manche reisen gestresst vom Job an und fahren tiefenentspannt wieder nach Hause. Es ist die absolute Entschleunigung.“

Ruhrpott-Romantik

Ruhrpott-Romantik

Auch für uns. Wir kaufen beim Italiener in Essen-Kettwig ein, sitzen bis tief in den Abend hinein vor „unserem“ Bauwagen – mit einer bunten Vorspeisenplatte, Nudeln, Pizza und Wein. Und wir schauen auf die Ruhr. Völlig tiefenentspannt. Da, wo alles begann. Zuhause im Ruhrpott.

 

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Mehr über das Bauwagenhotel gibt es hier.

Die ganze Geschichte über das Bauwagenhotel und seine Besitzer, wie wir dort die Nacht verbrachten und unsere Reise quer durch NRW dort zu Ende ging, steht in Im Fass und unter Sternen.

Vielen Dank an Claudia und Thomas Hagemann für die kostenlose Übernachtung im Bauwagen!

 

Für wen?

Für alle, die von einem wunderschönen Ort aus das Ruhrgebiet entdecken wollen. Toll für Familien, Alleinreisende und verliebte Paare, für Wanderer, Fahrradfahrer, Kanuten und Kulturbegeisterte.

Was ist in der Nähe?

Urige alte Stadtteile und Städte mit historischem Kern, die man vom Bauwagen aus nach und nach erkunden kann: Mülheim-Saarn mit Kloster Saarn, Essen-Kettwig, Essen-Werden, Velbert-Langenberg, Hattingen. Und natürlich Essen mit dem Baldeneysee, der Villa Hügel, der Zeche Zollverein und dem Museum Folkwang.